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Beatrice Baumanns Buchladen Büchersegler

Beatrice Baumanns Buchladen Büchersegler ist kein Satz aus einem ABC-Buch, sondern ein kleiner, feiner Buchladen, der mir das Leben in Graz versüßt.

Sechs ist es schon. Da ist bestimmt nix mehr los. Den ganzen Tag war das Geburtstagsfest mit Basteln, Kekseessen, Musik und Lesungen. Büchersegler feiert seinen ersten Geburtstag.


„Wie war das, als du zum ersten Mal hier warst?“, fragt Bea mich.

„Da bin ich doch so hereingestürmt“, antworte ich und lache. Ich bin aus meinem Gedankenwirrwarr und einem kalten, vorweihnachtlichen Abend in die Wärme und Ruhe von Beas Laden geplatzt und habe atemlos gefragt: „Is’ noch offen?“

Es war noch offen und ich ging schnurstracks zu den Kinderbüchern auf die Galerie. Kurze Zeit später kam ich herunter, um Christoph beim Lesen zuzuhören. Ich trank Wein, aß ein Schmalzbrot und kam ins Gespräch – und danach etwa eine halbe Stunde zu spät zu meiner Verabredung. Heute habe ich um einige Bilder- und Kinderbücher mehr in meinem Bücherschrank, als an jenem Abend vor Weihnachten.

Nachdem Bea zu ihrem Freund Klaus nach Graz gezogen war und beschlossen hatte, einen Buchladen mit einem Boot im Verkaufsraum zu eröffnen, suchte sie überall nach einem passenden Boot, fand aber keines. Deshalb warf sie einen Blick auf ebay und fand Bilder von einem Segler: Der war schön restauriert, stand aufgebockt in einem Garten, mit Segeln drauf und – in Berlin. „Wie kommt dieses Boot von Berlin nach Graz?“, fragte sie sich. Zum Glück verband Klaus sogleich das Angenehme mit dem Praktischen: Nämlich die Hochzeit von Beas Schwester, die im Heimatort im Erzgebirge stattfand, mit dem Abholen des Bootes.

„Wir sind nach Berlin gefahren, haben dieses Boot geholt, waren dann nachts um eins bei uns zuhause und am nächsten Tag war die Hochzeit – und wir hatten das Boot am Hänger.“

Die VerkäuferInnen des Bootes hatten nicht geglaubt, dass Bea und Klaus das Boot wirklich kaufen wollten: „Und dann sahen sie uns tatsächlich – mit einem österreichischen Kennzeichen. Es stellte sich heraus, dass die Besitzerin des Bootes, die Wassersportlehrerin an der Uni ist, ihre Mutter in Graz begraben hatte. Das ist so spannend – je mehr du dich darüber unterhältst, wie viele Verbindungen es von dieser Heimat nach Graz, über Graz gibt – Wahnsinn!“, sagt Bea in dem Gespräch, das ich mit ihr für meinen Artikel führe.

Zwischen meinem und Beas Weg gibt es auch eine Verbindung: Knapp neben der Kammlinie des Erzgebirges, Beas Heimat, verläuft die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien. Knapp neben der Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien bin ich geboren und habe dort meine ersten fünf Lebensjahre verbracht: in Nordtschechien.


„Die Idee war dann eben zu sagen, da ist ein Boot und das Boot sammelt die Bücher, die es auf seiner ganzen Reise trifft, sammelt die schönen Sachen und bringt sie an Land. Wenn du dann diese Kataloge der Verlage siehst und eine Auswahl von Büchern treffen musst, dann ist das so wie Perlenfischen“, erzählt Bea.

Bea weiß über ihre Perlen bestens Bescheid, weshalb sie mir bei jedem meiner Besuche mit Rat und Tat zur Seite steht oder zerbrochene Weingläser und Weinseen beseitigt. Die Weinseen passieren etwa dann, wenn man sich zu sehr in ein Buch vertieft hat, zum Beispiel in Helga Banschs „Die kleine Meerjungfrau“. Da habe ich nämlich unachtsam mein Weinglas auf der kleine Fläche am Heck des Bootes abgestellt – und, weil von der Meerjungfrau bezaubert, nicht gesehen, dass diese Fläche ein wenig, gerade ein bisschen, abschüssig ist.

Die Bilderbuchkünstlerin Helga Bansch kommt übrigens im Sommer in den Büchersegler und zeigt Interessierten, wie sie arbeitet. Das ist nur eine von vielen Veranstaltungen, für welche Bea KünstlerInnen in ihren Buchladen holt: Am 19. April liest Zwetelina Damjanova, die dreisprachige Lyrik verfasst, im Büchersegler. Lesungen gibt es auch für Kinder, die sich dann um die Sitzplätze im Boot, das für die Lesung mit Kissen gefüllt wird, raufen.


Als Bea nach Graz kam, war sie erstaunt darüber, dass man nicht in ganz Österreich Wienerisch spricht, wie wenig Steirisch sie anfangs verstand; über allgegenwärtiges Kernöl, die Wichtigkeit von Titeln (vor allem die von Mittags-Stammgästen im Café Sacher: Herr Hofrat) und über offenen Fremdenhass:

„Was mich erschüttert hat, ist dieser offene Fremdenhass. In Deutschland passiert das eher hinter vorgehaltener Hand, im vertrauten Umkreis, wo man sich mal Luft verschafft (‚Oh ne, diese Türken...’). Hier aber spricht das jeder offen aus und offensichtlich hat hier jeder ein Ausländerproblem. Das ist hier echt der Wahnsinn und ich will das gar nicht mehr hören. Die Leute reagieren auch komisch, wenn du dich dem nicht anschließt und nicht mithetzt.“

Dass Bea nicht nur nicht mithetzt, sondern sich um Multi- und Interkulturalität bemüht, wird durch die von ihr veranstalteten Lesungen und die Auswahl von Büchern deutlich. Bei einer Lesung sitzen Kinder unterschiedlichster Herkunft und Hautfarbe im Boot, die AutorInnen, die Bea zu Lesungen einlädt, sind (wie etwa die Beispiele Zwetelina Damjanova und Helga Bansch zeigen) ebenso bunt gewählt. Außerdem finden sich im Büchersegler mehrsprachige Kinderbücher, das diesbezügliche Perlenfischen findet laufend statt.

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Text u Bild: kateřina černá:
Ich bin eine große Träumerin, ewige Pläneschmiederin, Künstlerin, Freundin, Schwester, Sängerin, Meer- und Kaffee-, Liebhaberin, Schriftstellerin auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, wie spät es jetzt wohl in Ulaanbaatar ist.

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Beatrice Baumanns Buchladen
Büchersegler im Netz: http://www.buechersegler.at/pages/buchladen/

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[Kolumne/katerina cerna/02.05.2012]





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